Objet du mois, octobre 2025

»Ein Spaziergang im regenfeuchten Merscherwald hat es gebracht«

Nik Welter und das Wilhelmuslied

Nik Welter (1871-1951) war ein wichtiger Zeitzeuge der turbulenten Jahre 1918-1919 in Luxemburg, als das luxemburgische Volk im Referendum 1919 mit einer überwältigenden Mehrheit für den Erhalt der Monarchie unter Großherzogin Charlotte stimmte, welche nach der Abdankung ihrer Schwester Marie-Adélaïde im Jahr 1919 Thronnachfolgerin wurde. Nik Welter amtierte ab 1918 als Minister für öffentliche Erziehung in der Regierung von Émile Reuter, die 1918-1919 für die Bewahrung der Dynastie und die Unabhängigkeit Luxemburgs eintrat. Sein Gedicht Nassau-Lëtzeburg, das er bereits 1915 schrieb und das seine patriotischen Gefühle und seine Loyalität zur Dynastie widerspiegelt, ist ein Text zum Wilhelmus-Marsch, der holländischen Nationalhymne, die schon von Großherzogin Marie-Adélaïde sehr geschätzt wurde. Am 2. September 1915 schrieb Nik Welter an seine Frau Julie Welter-Mischo (CNL, Bestand Nik Welter, L-44; I.02-03, Hervorhebungen von Nik Welter):

 

Liebste,

Nachstehend das bewußte Wilhelmuslied. Ein Spaziergang im regenfeuchten Merscherwald hat es gebracht.

Ich glaube, so singt es sich gut, und hat schließlich einen Sinn, den man vertreten kann.

1890-1915: 1890 ist Haus Nassau ins Land gekommen. Also ein Silberjubiläum, von dem niemand was ahnt.

Übe es, bitte, ein, ob es auch stimmt. Kennst Du die Noten nicht mehr, so laß bei Vict. Rischard, Großstraße, die Wilhelmus-Karte kaufen.

Freddy wird Samstag gern mitkommen. Um 3¼ geht῾s weiter.

Auf frohes Wiedersehen mit herzhaftem Kuß,

Nik

 

In einem handschriftlichen Brief vom 29. Juni 1915, auf offiziellem Briefpapier, das den Briefkopf von Schloss Berg trägt, bedankt sich der damalige Hofmarschall Van Dyck, Oberhofmeister zur Großherzogin Marie-Adélaïde, im Namen der Großherzogin bei dem Schriftsteller für den Erhalt des luxemburgischen Texts auf die Wilhelmus-Hymne, mit dem Ausdruck der vollen Zufriedenheit, herzlichen Glückwünschen, der Hoffnung auf eine schnelle und verdiente Verbreitung des Werkes, alles verbunden mit der Anerkennung der reichen Tätigkeit, die Professor Welter über viele Jahre hinweg entwickelt habe: »[Sie haben] an dem geistigen Aufblühen des Landes und der kraftvollen Entwicklung patriotischer Gefühle in den Herzen unserer Jugend hervorragenden Anteil genommen«. (CNL, Bestand Nik Welter, L-44; VII.01-12).

 

Im Jahr 1921 schenkte Nik Welter dem großherzoglichen Hof zudem eine handschriftliche Abschrift der aktualisierten Textversion seines Wilhelmus-Lieds als Andenken an die Hochzeit von Großherzogin Charlotte mit Prinz Félix von Bourbon-Parma am 6. November 1919 und zu Ehren von Prinz Jean, der am 5. Januar 1921 auf Schloss Berg zur Welt kam. Die erste Strophe bezieht sich auf die Lilie, die Fleur de lys, die ein zentraler Teil des Wappens des Hauses Bourbon-Parma ist, und auf den im Wappen der großherzoglichen Familie enthaltenen roten Löwen. Die aktuelle Version des Wilhelmus wurde am 23. Januar 1923 zum ersten Mal durch die Maîtrise der Kathedrale Notre-Dame von Luxemburg während des Te Deums zum Anlass des Geburtstags der Großherzogin Charlotte gesungen. Der Wilhelmus wird heutzutage bei öffentlichen Auftritten des Großherzogs gespielt, so zum Anlass des Thronwechsels, der am 3. Oktober 2025 in Luxemburg stattfindet und bei dem auf Großherzog Henri sein ältester Sohn Guillaume folgt.

 

Pascal Seil

 

 

Illustration: »De Wilhelmus. E neit Lidd op eng al Weis zur Erënneronk un den 6. November 1919 an den 5. Januar 1921.« Erste Strophe des Texts des Wilhelmus von Nik Welter. CNL, Bestand Nik Welter, L-44; VII - 1/1 (18).

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