Guy Wagner war Schriftsteller, Journalist und auch Übersetzer. Er hat unter anderem Theaterstücke und Texte von Samuel Beckett, Tilemachos Chytiris, Jean Anouilh und Eugène Ionesco übersetzt, die veröffentlicht oder aufgeführt wurden. Im Bestand von Guy Wagner mit der Signatur L-404 befindet sich allerdings auch eine Übersetzung, die bis heute unveröffentlicht geblieben ist: Vier Pfeifen Opium ist Guy Wagners deutsche Übersetzung von Graham Greenes Roman The quiet American aus dem Jahre 1955.
Im Nachwort des Manuskripts erfährt man, dass es sich bei dieser Ausgabe um ein Unikat, eine einmalige Ausgabe handele. Des Weiteren ist zu lesen: »Dies ist ein Amateurwerk und soll ein solches bleiben. Es kann unter keinen Umständen verkauft werden.« Verkauft nicht, gelesen aber schon. So heißt es zu Beginn »Lieber Leser!«, eine direkte Anrede an den Leser, die im Laufe des Nachwortes nochmals aufgegriffen wird und der Leser wiederholt mit »Du« persönlich angesprochen wird.
Dokumentiert wurde diese Übersetzungsarbeit nicht und bis auf einen Artikel für das Tageblatt (02.10.1994), den Guy Wagner anlässlich des 90. Geburtstags von Graham Greene verfasst hat, befinden sich keine Dokumente über den britischen Schriftsteller im Bestand. Dennoch gibt es Einiges über dieses Dokument zu erzählen, da es selbst einen Teil seiner eigenen Geschichte verrät.
Beim Text, der auf der Schreibmaschine getippt wurde, handelt es sich nicht um die ganze Übersetzung von Greenes The quiet American, sondern nur um den ersten Teil und den Beginn des ersten Kapitels des zweiten Teils. Was dieses unveröffentlichte Dokument jedoch so besonders macht, sind die feinen handgezeichneten Illustrationen. Während sie im Text schwarz-weiß sind, sind die Zeichnungen auf dem Buchdeckel mit Bleistiftsfarben ausgemalt. Dass diese Illustrationen aus der Feder Guy Wagners stammen, lässt sich daraus schließen, dass ihnen jedes Mal das Kürzel GW in der eigenen Handschrift beigefügt ist.
Ob es sich bei Guy Wagner tatsächlich um den Übersetzer von Greenes The quiet American handelt, lässt sich anhand des Dokumentes nicht sicher feststellen. Der Titelseite nach zu urteilen, ist Graham Greene der Autor des Werkes, während Guy Wagner als Verleger genannt wird. Den Namen des Übersetzers sucht man jedoch vergebens. Da Guy Wagner die Illustrationen gezeichnet hat und er als Verleger fungiert, kann man aber davon ausgehen, dass es sich um seine eigene Übersetzung handelt. Des Weiteren ist das Dokument auf das Jahr 1956 datiert, als Guy Wagner im Echternacher Lyzeum zur Schule ging. Somit kann man annehmen, dass seine Englischkenntnisse fundiert genug waren, um eine solche Übersetzung zu bewerkstelligen.
Während Greenes Original aus vier Teilen besteht, die wiederum in Kapitel unterteilt sind, hat Guy Wagner diese Unterteilungen in seiner Übersetzung nicht berücksichtigt. Hier sind es nur drei kleine Punkte, die darauf hinweisen, dass ein neues Kapitel, beziehungsweise der zweite Teil, anfängt. Direkte Reden, die im Original auf Französisch sind, bleiben auch in Guy Wagners Übersetzung auf Französisch. Englische Namen wiederum sind ins Deutsche übersetzt. So wird aus den Hunden Duke und Prince, Herzog und Prinz.
Annick Stein