Cornel Meder (1938-2018) war nicht nur Autor, Lehrer, Schuldirektor, Direktor des Staats-, später Nationalarchivs und Lokalpolitiker, sondern als Herausgeber und Verleger auch einer der wichtigsten Literaturförderer der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit der Gründung der deutschsprachigen Schriftenreihe impuls (1965-1970) und der dazugehörigen Zeitschrift doppelpunkt (1968-1969) reagierte Meder früh auf einen Mangel an professionellen Verlagen; vor allem jungen, noch unbekannten Autoren bot er damit eine Möglichkeit, ihre meist engagierten und oftmals experimentellen Texte zu publizieren. Nach einer berufsbedingten literarischen Auszeit – Meder wurde 1969 zum Direktor der neuen Mittelschule in Pétange ernannt – meldete er sich 1978 mit MOL, einer neuen, diesmal mehrsprachen Reihe im Literaturbetrieb zurück.
Dass mehrere Bestände des Literaturarchivs Spuren von Meders verlegerischen Initiativen enthalten, weist auf die Bedeutung der Zeitschrift und Schriftenreihen für viele Luxemburger Autoren hin; es unterstreicht zudem ihre Relevanz für die Entwicklung des Literaturbetriebs im Allgemeinen. Ein interessantes Beispiel dafür ist der Nachlass von Roger Manderscheid (CNL L-365), in dem sich Unterlagen und Artikel sowohl zu impuls und doppelpunkt als auch zu MOL befinden. Als besonders aufschlussreich erweist sich ein vierseitiges Dokument, das auf den 24.05.1982 datiert und mit dem Titel »MOL-Info« versehen ist (L-365, II. 1982-1983-008). Es handelt sich um ein Protokoll, das die Ergebnisse einer Versammlung vom 22.05.1982 festhält und Einblicke in die Organisation und Zielsetzung der Schriftenreihe erlaubt.
Zwischen 1978 und 1983 erschienen insgesamt 30 MOL-Hefte (sechs pro Jahr) sowie drei Spezialausgaben. Dem MOL-Autor Guy Rewenig zufolge bestand die Besonderheit des verlegerischen Konzeptes darin, dass »bis zur Erschöpfung der vorhandenen Garnitur [...] jeder Autor nur einmal in der Serie vertreten« war; MOL sollte dementsprechend »die Publikationschancen einheimischer Autoren erhöhen« und sich »zur breitgefächerten Galerie zeitgenössischer Schreiber dieses Landes entwickeln« (Letzeburger Land, 16.01.1981). Tatsächlich veröffentlichten so unterschiedliche Autorinnen und Autoren wie Anise Koltz (MOL 1), Pol Greisch (MOL 9), Nico Helminger (MOL 12), Fernand Hoffmann (MOL 21) und Fernand Barnich (MOL 30) in Meders Reihe.
Das Sitzungsprotokoll gibt zunächst Auskunft darüber, dass neben Meder noch weitere Autoren als aktive Mitarbeiter an der Reihe beteiligt waren; bei MOL handelte es sich also um eine Autorenkooperative (vgl. Dazibao 1/1981). Der demokratische Grundgedanke bestimmte jedoch nicht nur die interne Organisation, sondern definierte das gesamte Vorhaben. Als Publikation des Differdinger Volksbildungsvereins war MOL dem Konzept der Demokratisierung der Kultur verpflichtet. In diesem Sinne müssen auch der günstige Verkaufspreis (anfänglich 80 Franken pro Heft) sowie die im Protokoll festgehaltene Absicht, »Lyzeumslehrer für die Behandlung von MOL-Texten in der Klasse zu gewinnen«, verstanden werden: Die Schriftenreihe sollte für jeden zugänglich sein und in erster Linie als Diskussionsbeitrag, als Angebot zum Dialog wirken. Das Dokument beweist jedoch auch, dass dieses Literaturverständnis ein gewisses unternehmerisches Denken nicht ausschließt: Bei dem Treffen am 22.05.1982 wurde nicht nur eine Anhebung des Verkaufspreises beschlossen, die MOL-Autoren wurden zudem mit Blick auf den Vertriebs- und Vermarktungsprozess stärker in die Pflicht genommen. Darüber hinaus sollten vermehrt Kontakte mit anderen Verlegern, mit Institutionen und Medien geknüpft, der Deckelentwurf erneuert und das Lektorat verbessert werden. Cornel Meders Schriftenreihe MOL, so zeigt dieses Sitzungsprotokoll, stand demnach eindeutig im Zeichen der literarischen Professionalisierung.
Fabienne Gilbertz