René Clesse und DʼHittparad vum Feierkrop

Unter dem Titel D’Hittparad vum Feierkrop ließ die Satirezeitschrift Den Neie Feierkrop 2003 zehn Untersetzer mit Fotos von berühmten luxemburgischen Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft, Kirche und Monarchie mitsamt Hüten herstellen. Zwei dieser Sets befinden sich im Nachlass des Journalisten René Clesse (CNL L-389). Schriftstellerische und journalistische Arbeiten, z. B. für die Revue, Beiträge zu sozialen und politischen Themen, Briefwechsel mit luxemburgischen und internationalen Künstlern und Journalisten und persönliche Gegenstände, wie Presseausweise, wurden 2017 im Literaturarchiv geordnet und katalogisiert. Der Bestand umfasst auch zahlreiche Dokumente, welche die Periodika Ons Stad und Den Neie Feierkrop betreffen, deren langjähriger Mitarbeiter er war.

Den Neie Feierkrop (DNF), seit 2012 De Feierkrop, ist Luxemburgs einzige zeitgenössische Satirezeitschrift. Als eigenständige Publikation wurde DNF am 8. Oktober 1993 erstmals veröffentlicht, zuvor existierte sie als satirische Seite in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek. Neben Jacques Drescher befand sich unter den neun Gründungsmitgliedern der Genossenschaft auch René Clesse als journalistischer Mitarbeiter und später als Sekretär. Ihre Unabhängigkeit verdankt DNF ihren zahlreichen Lesern, denn sie kommt ohne Werbung und staatliche Gelder aus; zum Erfolg tragen insbesondere aufgedeckte Skandale, Gerüchte und Hintergrundinformationen im berühmt-berüchtigten Stil bei. Dass manche Artikel juristische Konsequenzen haben, ist der Beliebtheit nicht abträglich.

Zum 10. Jubiläum des Feierkrop entstand D’Hittparad vum Feierkrop. Auf der Vorderseite eines Untersetzers ist jeweils ein Foto eines luxemburgischen Prominenten mitsamt dem vom Feierkrop verliehenen Spottnamen zu sehen, z.B. »Kanonenkuss Scheidenheidi« oder »Lydie Solper«. Auf der Rückseite wird die Person charakterisiert und das Hutmodell, wie z.B. »Kleopatra« und »Zoppegréit« beschrieben. Die Fotos stammen vom Te Deum 2003 und sind »das Souvenir vom Nationalfeiertag schlechthin«. Abgebildet ist u.a. »Maria-Temesta« mit dem Hutmodell »Auf der Flucht«; im Kommentar heißt es: »[D]ie Dame von Welt [trägt] diesen tropenfesten Sombrero, der einen idealen Schutz gegen Moskitos, Paparazzi und Schwiegermütter bietet«. Für die graphische Gestaltung wurde Vidale-Gloesener bei der 8. Nuit des Trophées F/P/C/ mit Silber in der Kategorie »hors catégories« ausgezeichnet.

Der Bestand enthält weiterhin Dokumente aus der Gründungszeit des DNF, wie z. B. Korrespondenz zwischen Mitarbeitern, Einladungen und Berichte an Mitglieder. Interessant sind die Versammlungsberichte, u.a. der Bericht der Gründungsversammlung vom 27. Oktober 1993. So wurden in der Sitzung des Verwaltungsrats vom 29. November 1993, als man sich noch um Werbung bemühte, die Mitglieder informiert »dass es leider keine Bestätigung für ein eventuelles Sponsoring durch eine Bank gegeben habe«. Eine Hausmitteilung von Januar 1994 beschreibt die Haltung der Satirezeitung gegenüber Presseprozessen. Obgleich die Wochenzeitung historisch mit der KPL verbunden ist, legte sich DNF dennoch mit der ehemaligen KPL-Vizepräsidentin Christiane Kutten-Serafini an. Der Artikel »Vize-Nilpferd der KPL droht mit Kündigung« hatte prompt eine Anklage zufolge. Allerdings zeigten sich die Journalisten selbstbewusst: »[D]a Luxemburg […] nicht Usbekistan ist, läßt sich die Redaktion […] durch solch unwürdige Methoden nicht einschüchtern.« Aus den Budgets, Verkaufszahlen und Abonnentenlisten geht auch der anhaltende Erfolg des DNF in den 2000er Jahren hervor. Nicht minder interessant als die internen Dokumente sind Zuschriften von Lesern mit Anregungen und Reaktionen sowie lose Zettel von René Clesse mit Notizen zu Artikeln und Themen.                                                                                                                                                      Anne Binsfeld

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