Die in einer lachsfarbenen Mappe enthaltenen und mit handschriftlichen Kommentaren versehenen Vorarbeiten zu einem luxemburgisch-englischen Wörterbuch wurden in den 1980er Jahren in Zusammenarbeit zwischen dem Luxemburger Sprachforscher Henri Rinnen und Gerald Newton, Professor für deutschsprachige Linguistik und Spezialist für Luxemburger Sprache und Kultur an der Universität Sheffield, erstellt. Das Dokument stammt aus dem Bestand von Henri Rinnen (Signatur CNL L-72), der 20 Archivkästen und 2 Zettelkästen beinhaltet und vom Luxemburger Literaturarchiv bei dessen Gründung im Jahr 1995 aus dem Nationalarchiv übernommen wurde. Die lexikographischen Arbeiten an diesem Wörterbuch, zum Teil in der Handschrift von Henri Rinnen, befinden sich in der Western Bank Bibliothek der Universität Sheffield.
Henri Rinnen engagierte sich zeit seines Lebens für die Luxemburger Sprache. Neben besagtem Wörterbuchprojekt zeichnete Rinnen verantwortlich für ein Kleines deutsch-luxemburgisches Wörterbuch (1974, mit Will Reuland), den Petit dictionnaire français-luxembourgeois (1980, mit Will Reuland) und daran anschließend den Dictionnaire français-luxembourgeois (1988, mit Will Reuland). Die Forschungen für die Erstellung dieser Wörterbücher unternahm Rinnen in Einklang mit seiner Tätigkeit als Sekretär für die Luxemburger Wörterbuchkommission. Während mehrerer Jahre korrespondierten die beiden Sprachforscher Henri Rinnen und Gerald Newton, die sich 1979 im Rahmen der Versammlungen des Institut Grand-Ducal in der hauptstädtischen Rue Large kennen gelernt haben. Sie setzten einen Sprachkorpus von mehreren Tausend Luxemburger Begriffen zusammen, dem sie Schritt für Schritt die korrespondierenden Bedeutungen und Sprachbeispiele zuordneten. So setzt Rinnen handschriftlich z.B. für das englische Wort ‚rabble-rouser‘ das luxemburgische Pendant ‚Hetzer‘, ‚Ustiweler‘ und ‚Kaméidismécher‘ ein.
Erstaunlicherweise schaffte es das von beiden Forschern angestrebte Buchprojekt jedoch nicht bis zur Veröffentlichung. Laut Gerald Newton kam es bei den lexikographischen Arbeiten an diesem Wörterbuch zu substantiellen Verzögerungen, denn die akribischen Forschungen zogen sich über eine Zeitspanne von mehr als fünf Jahren hin. Zudem gab es auf dem Luxemburger Buchmarkt ein Konkurrenzprodukt, das bereits im Jahr 1982 heraus gekommen war. Es handelt sich um das English-Luxembourgish Dictionary, das der Anglist Jul Christophory als pädagogisches Projekt zusammen mit einer Gruppe von etwa 300 Luxemburger Schülern und ihrer Lehrer am Lycée Michel-Rodange erstellt hatte und das sowohl auf dem Wortschatz von Langenscheidts Universal Wörterbuch Englisch wie auch auf Rinnens Kleines deutsch-luxemburgisches Wörterbuch beruhte. Die vereinten Kräfte von Christophorys Projektgruppe und das Zurückgreifen auf Rinnens Vorarbeiten hatten sich als schneller und effizienter herausgestellt. Diese zugegeben inhaltlich und formal einfachere Publikation hatte dem Wörterbuchprojekt von Henri Rinnen und Gerald Newton unvermittelt die Schau gestohlen.
Pascal Seil